Veranstaltungsbericht „Bi in Berlin – Wir müssen reden!“

Am 16. März haben die beiden queerpolitischen Sprecher*innen der grünen Fraktion Berlin Anja Kofbinger, MdA und Sebastian Walter  zur Podiumsdiskussion „Bi in Berlin – Wir müssen reden!“ eingeladen, an der 50 Personen, auch aus anderen Bundesländern teilgenommen haben.

Das „B“ für Bisexualität steckt zwar in „LSBTIQ*“ drin, aber es ist dennoch in vielfacher Hinsicht nicht sichtbar genug. Und Vorurteile gegenüber und Ausgrenzung von bi- und pansexuellen Personen finden sich in der heteronormativen Mehrheitsgesellschaft ebenso wie in der queeren Community. Als Expert*innen nahmen an der Veranstaltung teil: Dr. Kim Ritter, Autorin von „Being Bi. Bisexualität zwischen Unsichtbarkeit und Chic“; Madeline Seel und Karsten Otto von Bi Berlin e.V. und Frank Thies von Bi & Friends Hamburg.

Bisexualität in der Wissenschaft

Dr. Kim Ritter stellte die Hauptergebnisse ihrer wissenschaftlichen Forschung zu  Diskriminierungserfahrungen und Anerkennungskonflikten von bisexuellen Menschen vor. Sie schlug vor von „geschlechterübergreifenden Begehren“ zu sprechen, da dieser Begriff im Unterschied zum Begriff Bisexualität, offener ist und verschiedene Facetten von Bisexualität mitdenkt. Statistisch gesehen ist die Verbreitung von geschlechterübergreifendes Begehren ähnlich der von gleichgeschlechtlichem Begehren. Dennoch ist es viel unsichtbarer. Bis heute fehlt eine passende positive Bezeichnung des eigenen Erlebens, auch weil geschlechterübergreifende Sexualität gesellschaftlich immer noch als „maßlos“ und/oder als eine Phase im Leben (ab)gewertet wird. Ein Nicht-Outing führt zu Unsichtbarkeit. Sichtbarkeit wiederum braucht ein diskriminierungsfreies Umfeld.

Bisexualität – Es mangelt an Sichtbarkeit, Informationen & Beratungsangeboten

Aus Sicht der Aktivist*innen berichteten Madeline Seel und Karsten Otto von BiBerlin e. V. und Frank Thies von Bi & Friend Hamburg zum einen über Fehlende Sichtbarkeit von Bisexualität (in allen ihren Facetten, wie poly-, omni-, pan-) in allen gesellschaftlichen Bereichen und fehlende Informations- und Beratungsstrukturen. Zum anderen ist Bisexualität kein selbstverständlicher Teil des Schulunterrichts und es fehlt an didaktischem Material. Bisexuelle Jugendliche sind deutlich weniger geoutet als homosexuelle Jugendliche und haben weniger Ansprechpartner*innen und Vorbilder.

Diskriminierungen in der Mehrheitsgesellschaft und der queeren Community

Darüber hinaus wurden Diskriminierungserfahrungen diskutiert. Diese können gegenüber bisexuellen Menschen sowohl von der heteronormativen Mehrheitsgesellschaft wie auch der queeren Community ausgehen. Viele bisexuelle Personen haben in ihrer Findungsphase und auf der Suche nach Informationen und Beratung schon einmal negative Erfahrungen gemacht, auch weil Beratungsstrukturen mit dem Thema häufig nicht vertraut sind und es an Wissen und Sensibilität mangelt. Wenn es um das Thema Diskriminierung von LSBTIQ* geht, wird oft nur von Homo- und Transfeindlichkeit gesprochen, andere Gruppen wie intergeschlechtliche oder bisexuelle Menschen hingegen werden oft vergessen.

Maßnahmen

Auch gesellschaftliche Handlungsbedarfe und Forderungen an die Politik wurden im Rahmen der Veranstaltung identifiziert. Dazu gehört mehr Anerkennung und Sichtbarkeit von Bisexualität in allen ihren Facetten (Aufklärung zu Bisexualität, Erstellung von didaktischem Material, Fortbildungen, aber auch symbolische Aktionen, wie das Hissen der Bi-Flagge). Auch die Sensibilisierung spezifischer Diskriminierungsformen, z. B. doppelte Diskriminierung bei institutionalisierter Heterosexualität und institutionalisierter Monosexualität, Projektförderungen und wissenschaftlich fundierte Studien, sowie ein enger politischer Austausch sind erforderliche nächste Schritte.

Grüne Queerpolitik

Der konstante Austausch und die enge Zusammenarbeit mit Aktivist*innen und selbstorganisierten Strukturen stellen für uns Grüne einen wesentlichen Baustein unserer Politik dar. Wir setzen uns ein für Solidarität, intersektionale Bündnisse und Vernetzungen. Im Rahmen der IGSV werden wir in der nächsten Legislatur für eine Umsetzung der diskutierten Maßnahmen kämpfen. Denn für uns Grüne ist klar: alle Buchstaben des Regenbogens haben das gleiche Recht auf Anerkennung, Sichtbarkeit und Diskriminierungsschutz!