Schriftliche Anfrage zu AGG-Beschwerdestellen im Berliner Öffentlichen Dienst

Die am 30. Juli 2020 eingereichte Schriftliche Anfrage zum Thema „AGG-Beschwerdestrukturen in den Berliner Senats-und Bezirksverwaltungen sowie den landeseigenen Unternehmen“ hat aufgezeigt, dass das Land Berlin, als eine der größten Arbeitgeberinnen der Stadt keine flächendeckenden, eigenständige Beschwerdestellen im Sinne des AGG eingerichtet hat. Darüber hinaus ist zu kritisieren, dass die bestehenden AGG-Beschwerdestellen personell und finanziell unzureichend ausgestattet sind.

Mit Blick auf die Hauptverwaltungen wurden lediglich bei der Senantsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Diskriminierungsfälle angezeigt. Dabei wurden 9 Fälle im Schulbereich gemeldet, wobei bei keinem festgestellt worden ist, dass er berechtigt gewesen sei. Im Besonderen vor dem Hintergrund, dass die SenBJF letztlich Schadensersatz und Entschädigungen zahlen musste, bleibt festzuhalten: Auch diese AGG-Beschwerdestellen tragen offenkundig nicht zu besserem Diskriminierungsschutz bei. Auch bei weiteren Fällen im ministeriellen Bereich wurden nur in einem Fall Konsequenzen gezogen.

Kritisch zu betrachten ist überdies, dass es kein einheitliches Vorgehen und eine einheitliche Aufhängung in den (Haupt-)Verwaltungen gibt. Zwar ist zu berücksichtigen, dass Verwaltungen und Ämter unterschiedliche Organisationsstrukturen haben, eine AGG-Beschwerdestelle ergibt ob ihres Aufgabenportfolios nicht an jeder Stelle Sinn. Naheliegend ist die Aufhängung bei der jeweils für Personal zuständigen Stelle.

Problematisch ist schließlich, dass bei den meisten Fällen, die gemeldet worden sind, durch die Stellen keine Diskriminierung festgestellt worden ist.

Sebastian Walter, MdA, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Sprecher für Antidiskriminierungspolitik kommentiert:

„Die dokumentierten Zahlen sind erschreckend. Das Land Berlin ist mit seinen mehr als 100.000 Dienstkräften einer der größten Arbeitgeber der Stadt. Dass in den vergangenen dreieinhalb Jahren lediglich eine Handvoll interne Diskriminierungsbeschwerden von Dienstkräften gemeldet und von der Verwaltung dokumentiert wurden, ist ein Alarmzeichen. Wir müssen von einer hohen Dunkelziffer ausgehen.

Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und die Arbeitnehmer*innen der landeseigenen Unternehmen dürfen aber mit Diskriminierungserfahrungen nicht allein gelassen werden. Funktionierende Beschwerdestellen und Antidiskriminierungsstrategien müssen – wo noch nicht vorhanden – aufgebaut und etabliert werden. Dazu gehört auch eine bessere finanzielle und personelle Ausstattung der bestehenden AGG-Beschwerdestrukturen.

Eine Vereinheitlichung bei der institutionellen Ansiedlung der Stellen und bei den Beschwerdeverfahren ist geboten – hier muss definitiv nachgebessert werden.“


Weitere Informationen

Die Schriftliche Anfrage „AGG-Beschwerdestrukturen in den Berliner Senats-und Bezirksverwaltungensowie den landeseigenen Unternehmen“ von Sebastian Walter, MdA und die Antworten des Senats finden Sie hier.

Einen Presseartikel vom 01.09.2020 aus Neues Deutschland „Beschwerdestelle? Fehlanzeige! Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist nicht vollständig umgesetzt, zeigt eine Anfrage der Grünen“ finden Sie hier.